Im Zweifel für den Zweifel

Zugegeben: Das Winston Churchill zugeschriebene Bonmot – Wer als 20-Jähriger kein Linker ist, hat kein Herz. Wer mit 40 immer noch ein Linker ist, hat keinen Verstand. – erschien mir ob seiner überzeugten Überzeugung schon immer etwas zweifelhaft. Und prinzipiell bin ich eher Team Zweifel als Team Überzeugungen. Sie sind wankelmütig, selten durchdacht und oft gefährlich – also durchaus zweifelhaft.
Mit dieser Haltung schwimme ich eher nicht im Strom des Zeitgeists: Ein kurzer Ausflug in die angeblich tolerante Welt der Social Media – oder ins Stammwirtshaus – genügt für die Ernüchterung. Die Gesundheitskompetenzen beim Staat oder bei den Ländern? Teuerung und Inflation durch Markteingriffe eindämmen? Austria oder Rapid? Alles sehr gute Fragen, ich habe die Antworten darauf aber nicht. Oder nur so lange, bis ich einen anderen überzeugenden Artikel in einem Medium lese, an dem ich nicht zweifle.
Das Spielfeld ist groß: Die Psychologie beschäftigt sich mit der Stabilität unserer Überzeugungen und deren Einfluss auf unser seelisches Wohlbefinden und Verhalten. In der Religion sind beide entscheidende Player: kein Glaube ohne Überzeugung, keine Entwicklung ohne Zweifel. Die Justiz erklärt den Zweifel sogar zur letzten Hoffnung des Angeklagten und alle erfolgreich Werbenden bedienen sich geschickt der beiden Gegenspieler.
Für mich gilt: Ich bleibe Team Zweifel – bis mich jemand vom Gegenteil überzeugt.
Ob Unsicherheit manchmal sogar hilfreich sein kann, finden wir bei unserem nächsten Lernfrühstück „What about … Can I trust myself?“ am 20.11.2025 heraus.
Autor:in
Strategie Austria-Mitglied seit 2019



