Nachbericht "Generation Stereotyp"

An einem heißen Sommernachmittag haben wir uns in die klimatisierte, entspannte Welt des SASS Club am Karlsplatz zurückgezogen. Es hätte wohl kaum einen geeigneteren Ort gegeben, um über die viel zitierte, aber wenig verstandene Gen Z zu diskutieren. Keine Generation davor war jemals mit so vielen Vorurteilen, Projektionen, Buzzwords und Klischees behaftet wie diese.
In einem interaktiven World Café haben wir gemeinsam Fragen aus der täglichen Arbeit mit Zielgruppen aufgeworfen, Antworten diskutiert und Perspektiven abgeglichen. Dabei wurden neue Zugänge in Forschung, Strategie und Media im Umgang mit der Zielgruppe aufgearbeitet.
4 Expert:innen aus unterschiedlichen Fachbereichen lieferten ihre Impulse und gaben Einblicke in ihre Herangehensweisen:
Jacky Hamid, Director Creative Strategy, &US ist überzeugt: "stereotypes kill insights".
Zielgruppen müssen heute neu und authentisch gedacht werden. Produkte und Dienstleistungen sollen nicht rein als "Feature" auf den Markt geworfen, sondern mit Purpose entwickelt werden. Durchsetzen werden sich Marken, die die Werte ihrer Zielgruppe intern leben und extern erlebbar machen. Diskutiert wurden neben spannenden Lösungsansätzen und Einblicken in das "Positioning Canvas" auch gängige Hürden, mit denen Strateg:innen im Bezug auf Zielgruppen in der Praxis zu kämpfen haben:
- Denken in "Produkten", nicht in "Zielgruppen"
- Fehlende Ressourcen, um viele unterschiedliche Zielgruppen pointiert anzusprechen
- Steigende Geschwindigkeit, mit der sich Zielgruppen verändern
Barbara Stadler, Senior Director Social Practice , WPP setzt auf "4Rs of connection":
Auf den ersten Blick scheint die Gen Z faul, labil und ihre Aufmerksamkeitsspanne liegt mit 3 Sekunden sogar unter der von Goldfischen. Aber ist sie nicht vielmehr eine Generation, die schlicht weiterscrollt, wenn eine Marke nicht in den ersten Sekunden ihre Werte widerspiegelt und sich mit Realness und Relevanz ihre Aufmerksamkeit verdient? Zoomer können sehr wohl länger zuhören – nur eben nicht bei Belanglosem. Marken sollten also sicherstellen, dass sie nicht aus den falschen Gründen zum Meme werden.
Davon ausgehend wurden folgende Spannungsfelder diskutiert:
- Qualitativer MAFO versus Social Listening
- Gießkanneninfos versus spezifische Inhalte
- Kampagnenstrategie versus Storytelling
- Awareness- versus Performance-Strategien
- LGOT IQ versus realer Raum
- Radikalität versus Brand Safety
Lena Lucki, COO Influence Vision, schlägt die Brücke "von Werbung zu Vertrauen".
Influencer Marketing, vor allem für GenZ, hat höhe ROI - aber es hat sich in den letzten Jahren stark verändert. Wo man früher relativ blind die Follower-Anzahl des Influencers als KPI gesehen hat, stehen jetzt stattdessen technische Tools, die relevante Daten und Fakten ganz genau messen, zur Verfügung - u.a. “Audience Credibility” - wie viele der Follower sind echte Menschen, aus welchem Land, wie engagiert mit Content dem von dem/der Influencer, an welchen Mikrothemen sind ihre Follower interessiert, usw.
Heute segmentieren Marken Influencer oft durch die sogenannten "Passionen" – dann suchen sie die richtigen mit höheren Audience Credibility Metrics und schließen oft längere, nachhaltige Kollaborationsverträge, um höhere Authentizität zu schaffen. Paradoxerweise sind Vertrauen und Authentizität für "Brand Love"-Wachstum leichter zu erreichen, wenn ein Influencer die sogenannten Algorithmen-Hacks wirklich gut beherrscht – dadurch wirkt der Content, den sie für die Marke produzieren, viel persönlicher für die Endkonsumenten.
Alexandra Mossakowski, MSc, Abteilungsleitung Feld | Studienleitung Qualitative Forschung beim Integral-Institut betonte "Menschen sind widersprüchlich und ambivalent".
Die Sinus Milieus basieren auf tausenden regelmäßigen Interviews und sind als ein soziologisches, nicht diagnostisches System zu verstehen. Der Milieuansatz erweitert die demografische Betrachtung um die Werteperspektive und wechselnde Lifestyles.
Während die "Progressiven Realisten" unsere Gesellschaft treiben und Veränderung anstoßen, lässt sich die "Adaptiv Pragmatische Mitte" vom individuellen Nutzen leiten. Klimaschutz und Nachhaltigkeit werden gerne der Gen Z zugeschrieben, dabei ist das Anliegen längst für alle relevant, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung. Diese und zahlreiche andere Insights sorgten für regen Austausch.
Nach zwei intensiven Stunden haben die Gäste die besondere Location mit einem guten Tropfen WEINAND’S Frizzante bei Tageslicht verlassen. Ganz so wie das sonst auch im SASS Club der Fall ist ;)